Im Kohltal in Kleinengstingen fuhr man ab den 1950-er Jahren immer Ski. Viele Reutlinger Skifahrer kamen mit dem Zug auf die Alb. Vom Bahnhof Kleinengstingen gab es an schönen Sonntagen richtige Skiwanderungen zum Kohltal-Hang. Auch wurden Wintersportveranstaltungen vom TSV Kleinengstingen abgehalten. Gauskitreffen und Vereinsmeisterschaften.
Als der TSV sich entschloß, zum Weinberg umzusiedeln, war im Kohltal gar nichts mehr. Heinz Schenk, immer auch im Kohltal zu Hause, machte am 3. März 1973 eine Skiwanderung und stieg im Kohltal auf, um nach Kleinengstingen abzufahren.
Es hatte ca. 30 cm Schnee hingesetzt und es war tolles Wetter. Kaum zu Hause angekommen, sagte er zu seiner Frau Gretel: Ins Kohltal gehört ein Lift. Er ging noch am Vormittag aufs Rathaus, um BM Baisch um seine Meinung zu Fragen. Dieser war begeistert uns sagte, unsere Unterstützung hast du. Nachmittags im Geschäft, Heinz war in Schichtarbeit als Schriftsetzer tätig, erzählte er seinen Skikameraden Wolfgang Hohloch aus Reutlingen und Rolf Klumpp aus Pfullingen, allesamt Kollegen in der Zeitungsherstellung des GEA und alle auch begeisterte Skifahrer von seinem Vorhaben, im Engstinger Skigebiet Kohltal einen Lift zu bauen, wie schon in anderen Gemeinden auf der Alb zum Teil schon vorher geschehen.
Beide als TSG-ler waren Feuer und Flamme von dem Vorhaben. Wir sind dabei. Mit der Firma Doppelmayr, dem Weltmarktführer im Skilift- und Seilbahnbau aus Wolfurt in Vorarlberg wurde Kontakt aufgenommen, Planunterlagen erstellt und um die Baugenehmigung gerungen. Eine vorläufige Genehmigung wurde dann im September erteilt, so daß man mit den Erdarbeiten beginnen konnte.
Mit Unterstützung von Skikameraden von der TSG Reutlingen, allen voran Gerhard Heer, wurden Fundamente, Schalungen und Armierungen erstellt. Es ging schon Richtung Winter, als der Lift endgültig vom LA Reutlingen genehmigt wurde und mit dem Bau richtig losgelegt werden konnte.
Landwirte aus Kleinengstingen mit Ihren Traktoren und mit Muskelkraft halfen beim Betonieren und Lift-Aufstellen mit. Am 26. November wurden die Fundamente betoniert. Am Abend gegen 17 Uhr, als wir fertig waren, hatte es schon 7 Grad minus. Gegen 20 Uhr hatte es schon 22 Grad minus und Heinz konnte mit seinem Bruder schnell noch Glaswolle-Matten über die Schalungen legen, damit der frische Beton nicht erfror. So ging es weiter. Bei der Lift-Montage 18 Grad minus. Heinz half dem Monteur Muxel von der Fa. Doppelmayr bei der Montage der Bergstation.
Die Schrauben blieben an den Fingern hängen wegen der Kälte. Montiert wurde übrigens auch am Sonntag, da gerade der ägyptisch-israelische Krieg lief und Fahr-Verbot herrschte. Wir gingen alle zu Fuß zur Baustelle, hatten einen kleinen Wohn-Wagen in dem wir kochten und uns aufwärmten.
Der Lift war am 10. Dezember fertig und am 13. Dezember war TÜV-Abnahme.
Kuriosum am Rande: Der TÜV-Ingenieur Fiess, ein schwerer, großer Mann und selbst Lift-Betreiber in Salmendingen, stürzte von der Leiter, weil eine Sprosse brach.
Aber es war zum Glück die dritte Sprosse und es passierte nicht viel. Sein Ausspruch: Wenn Ihr Euren Lift laufen lassen wollt, dann besorgt mir erst mal eine gescheite Leiter., was auch umgehend erledigt wurde.
Die Betriebsgenehmigung wurde erteilt und es lag schöner Schnee. Alle waren voller Euphorie. Doch der erste Dämpfer ließ nicht lange auf sich warten. Israel und Ägypten standen weiter miteinander im Krieg und die Sache eskalierte. Die arabischen Länder stoppten aus Sympathie zu Ägypten die Öllieferungen. Folge: In Deutschland durften an Sonntagen nur noch Pkw mit geraden oder ungeraden Kennzeichen fahren, was auf den Besuch natürlich seine Auswirkungen hatte.
Der zweite Winter 73/74 und die folgenden waren sehr gut. Man entschloss sich zum Kauf einer Pistenraupe der Marke Hämmerle aus Lustenau in Vorarlberg. Ein kleines, 2,5 m breites Gefährt mit Nachlaufwalze, das heute noch bei wenig Schnee im Einsatz ist.
Rolf Klumpp schied aus persönlichen Gründen 1976 aus der Gesellschaft aus. Wolfe Hohloch und Heinz Schenk übernahmen die Anteile gleichermaßen.
Im Jahre 1976/77 wurde mit dem Bau einer Skihütte begonnen, bis dahin fand die Bewirtung in einem Bauwagen statt. 15 Personen hatten darin immerhin Platz. Als WC diente eine Blechhütte vom Bau. Nun hatte man ordentliche Plumps-WCs und eine Wärmestube für ca. 40 Personen. Die Bewirtung machten Magge Hohloch und Gretel Schenk sowie Dora Kienzler, deren Mann auch am Wochenende am Lift mitarbeitete. Gute und schlechte Winter wechselten sich in den 70-er-Jahren ab.
Sehr gut in Erinnerung der Winter 80/81 mit gut 8 Wochen Lift-Betrieb. Wolfe Hohloch entschied sich 1983 zum Ausstieg aus der Lift-Gesellschaft aus persönlichen Gründen. Der Aufwand, immer auf die Alb zu fahren, war ihm zu groß. Heinz und Gretel Schenk übernahmen die Anteile der Familie Hohloch und betreiben die Lifte seither in eigener Regie. Ihnen blieb ja nichts anderes übrig.
Anzumerken ist: Mit beiden Mitbegründern Wolfe und Rolf bestand immer ein gutes, freundschaftliches Verhältnis.
Von Anfang an dabei war die Skischule der TSG Reutlingen. Viele Kinder und Erwachsene machten Skikurse auf der Alb und die Zusammenarbeit besteht bis heute.
1984 erfolgte der Bau des Kleinliftes speziell für die Skischule. Das Gelände wurde Mit kleinen Schanzen und Torbögen und Figuren bestückt. Ein spezielles Übungsgelände zwischen Kohltal und Weinberg.
In der Zeit von 1973 bis zum Jahr 2000 spurte Heinz Schenk auch die Engstinger Loipen. Anfangs mit dem Motorschlitten von Albert Essig, später mit der Hämmerle Pistenwalze. Es war ein sehr aufwendiges Geschäft, da PS fehlten und bei viel Schnee nur sehr langsam gefahren werden konnte. Seit dem Jahr 2001 hat derTSV Kleinengstingen einen leistungsstarken Pistenbully. Rainer Schenk spurt seither die Engstinger Loipen, welche sich immer in einem super Zustand befinden.
1999/2000 wurde ein Anbau an die bestehende Skihütte erstellt. Neue WC-Anlagen sowie eine Garage und Aggregatraum wurden hinten angebaut. Die WCs gingen nun mit Wasserspülung von einem Tank. Gleichzeitig wurde ein gebrauchter Pisten-Bully der Marke Kässbohrer gekauft mit 1600 Betriebsstunden und Baujahr 1985. Die Maschine kam aus der Schweiz und war generalüberholt. Ein sehr gutes Gerät und ein guter Kauf. Eine generalüberholte, fast neue Fräse zum Glätten der Piste wurde 2004 bei Kaesbohrer erstanden und von Rainer Schenk bei der Firma Kazmaier in der Halle angebaut.
Die Investitionen gingen weiter. 2005 Bau eines Kleinliftes der Marke Multerer vom Ausstieg am Hauptlift zu der westlich davon liegenden Berganhöhe. Ein Kinderlift, speziell zum Üben oder aber, wer eine längere Abfahrt will. Immerhin 550 m am Stück. Der Lift wird sehr gut angenommen und genutzt, ist elektrisch betrieben und läuft geräuschlos. Gleichzeitig wurden bis zur Abzweigung zum Aussiedlerhof Baisch Leitungen verlegt. Strom, Wasser und Abwasser sowie Telefon kamen in einen gemeinsamen Graben. Teilerschließung über 400 m. Dieses Bauvorhaben wurde im Oktober/November 2008 fertiggestellt und die restlichen 600 m bis zur Skihütte erschlossen. Gleichzeitig erfolgte der Einbau einer neuen Küchenzeile mit Spülmaschine, der Umbau der WCs auf Druckwasserspülung, so dass man jetzt auf dem Niveau der heutigen Zeit ist. Insgesamt wurden in der Zeit von 1972 bis heute ca. 250.000 € an Investitionen getätigt ohne die vielen Eigenleistungen, die gebracht wurden und ohne diese ein Skilift auf der Alb nicht existieren kann.
Anzumerken ist vom Schreiber der Historie noch: Die Freude an der Arbeit am Lift überwiegt nach wie vor die negativen Erscheinungen wie schlechte Winter, Wetterunbeständigkeit und Kälte.
Skifahrer sind nette Leute und das macht das Ganze immer wieder interessant.
Neuer Betreiber TSV Kleinenstingen 1905 e.V.
Seit der Saison 2014/15 ist der TSV Kleinenstingen Betreiber des ganzen Wintersportgebiets Engstingen. Vier Lifte und drei Langlaufloipen werden von den Mitgliedern des TSV betreut.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des TSV Kleinengstingen – Ski